Volksbegehren will Rechte der Natur in der bayerischen Verfassung verankern
Volksbegehren will Eigenrechte der Natur in der bayerischen Verfassung verankern
Hans Leopold Bader, Vorstandsmitglieder der Deutschen Umweltstiftung, hat sich das Volksbegehren Naturrechte auf die Fahnen geschrieben. Der Bayer steht als unabhängiger und freier Kandidat auf der ÖDP-Liste und ist hauptberuflich Projektentwickler für ökologische und sozialverträgliche Bauvorhaben. (Copyright: Bader)
Herr Bader, Sie planen ein Volksbegehren in Bayern mit dem Ziel, dass die Landesverfassung der Natur Eigenrechte zugesteht. Wer steht hinter dieser Initiative?
Ich habe vor 2 Jahren, als bayerisches Vorstandsmitglied der Deutschen Umweltstiftung, diese Initiative ins Leben gerufen. Die grundsätzliche Idee stammt von Prof. Klaus Bosselmann der sich auf unser Grundgesetz bezieht.
Wer unterstützt sie?
Wir stehen am Anfang dieser Initiative und haben kurz vor Corona begonnen, Unterstützer und Förderer zu akquirieren. Mit dabei ist bereits Prof. Klaus Bosselmann und die Deutsche Umweltstiftung. Weitere Förderer / Unterstützer finden Sie auf der Webseite www.dubistdieer.de
Wie wollen Sie vorgehen?
Der wichtigste Punkt, bevor wir mit dem Sammeln der Unterschriften für die erste Stufe des Volksbegehrens beginnen, ist es, eine entsprechende Öffentlichkeit zu schaffen. Dies wird durch eine Kampagne mit vor Ort Liveaktionen mit entsprechender medialer Begleitung in ganz Bayern geschehen. Als „Muster“ sind wir zurzeit mit der Kampagne „Aktion
Eigenstrom“ für die Energiewende in ganz Deutschland unterwegs. Die Kampagne kann auf der Webseite www.aktion-eigenstrom.de eingesehen werden.
Glauben Sie, dass dieses Volksbegehren genauso schnell erfolgreich sein kann, wie das
Volksbegehren zum Schutz der Bienen?
Eine gute Frage! Es hängt davon ab, ob wir es schaffen, mit unserer Kampagne
ausreichend Öffentlichkeit zu erzeugen. Ein Volksbegehren findet ja in verschiedenen
Schritten statt. In Stufe I brauchen wir ja für die Zulassung des Volksbegehrens „nur“ 25.000
gültige Unterschriften von zur Landtagswahl Wahlberechtigen. In der Realität bedeutet das,
mindesten 50.000 Unterschriften zu sammeln. Auf den einzelnen Unterschriftenlisten dürfen
aber immer nur Wahlberechtigte eines Stimmbezirkes unterschreiben. Das ist natürlich eine
entsprechend hohe Hürde. Die schwierigste Stufe wird die 14-tägige
Unterschriftensammlung, wo die Bürger dann in Ihren Stimmbezirken vor Ort in die Rathäuser
müssen. Da hat das Bienenvolksbegehren gezeigt, was geht. Mit 1,7 Millionen Unterschriften
eine hohe Messlatte.
Unternehmen haben Rechte. Jeder Mensch – ganz gleich ob er für seine Rechte selbst
eintreten kann oder jemand braucht, der ihn vertritt - hat Rechte. Wie erklären Sie sich, dass
sich die Menschheit so schwer damit tut, anzuerkennen, dass auch die Natur Rechte
braucht, um sich gegen die zerstörerischen Übergriffe des Menschen zu wehren?
Ich glaube nicht dass sich die Menschheit an sich damit schwer tut. Es sind einfach nur
handfeste individuelle Interessen, die dagegen arbeiten, unterstützt durch entsprechendes
Kapital Es gab und gibt genügend Menschen, die sich seit Jahrzehnten dafür einsetzen. Ich
glaube, dass jeder grundsätzlich, wenn er bei Sinnen ist, dafür ist, die Grundlage des Lebens
zu schützen. Sonst würde ich das hier nicht machen.
Welchen Vorteil hat es, wenn die Natur als Rechtsperson anerkannt wird? Was ändert sich
dann?
Die Frage ist falsch gestellt. Erst wenn sich unsere Einstellung zur Natur ändert, wird es dazu
kommen, der Natur diesen Status zuzugestehen. Die Änderung muss in der Gesellschaft
bereits stattgefunden haben, damit es zu einer Verankerung in den Grundregeln kommt.
Prof. Klaus Bosselmann hat es in seinem Buch im Namen der Natur gut dargestellt: „Die gesellschaftliche Wirklichkeit wird auf der Verfassungsebene reflektiert. Ökologie spielt in unserer derzeitigen Verfassung keine Rolle. Es braucht mehr als nur eine Verfassungsänderung, um den Staat aus der ökonomischen Umklammerung zu befreien. Der Handlungsrahmen insgesamt muss verändert werden: Dazu gehört eine ökozentrisch ausgerichtete Gesetzgebung, die ein fortlaufender Prozess ist … und dazu gehört eine Verwaltungsorganisation mit Verfahrensregeln, die solche ökozentrischen Gesetze auch umsetzt.“ Dieses Volksbegehren wird im Grunde zeigen, ob wir - zumindest in Bayern - dafür bereit sind.
Rechte der Natur sind weltweit ein Thema und es gibt Vorreiter. Welche Barrieren müssen
noch beseitig werden, damit sich diese Idee auch in Deutschland durchsetzt?
Ich denke, dass die größten Barrieren in unseren Köpfen sitzen. Wir müssen, so wie es Prof. Klaus Bosselmann in seinem Buch „im Namen der Natur“ schon vor fast 30 Jahren geschrieben hat, unsere Naturverbundenheit und damit die Abhängigkeit von unserer Mitwelt wieder in den Focus unseres Bewusstseins rücken. Nicht umsonst sind es
hauptsächlich indigene Völker, die dieses Thema eher im Fokus haben und es voran bringen.
Was ist der nächste Schritt, den sie planen?
Wir bereiten die bereits angesprochene Kampagne vor.
Welche Art von Unterstützung brauchen Sie?
Jede mögliche, um es kurz zu formulieren. Sowohl in Form von Engagement, in Form von Weiterverbreitung als auch in Form monetärer Unterstützung. Eine Idee war es z.B. das Buch von Prof. Klaus Bosselmann in eine neue Auflage zu bringen. Eine weitere ist ein entsprechendes Crowdfunding auf ecocrowd, der Crowdfundingplattform der Deutschen
Umweltstiftung.
Hat ein solches Volksbegehren nicht auch bundesweit Sinn?
Unsere Mütter und Väter unseres Grundgesetzes haben mit guten Argumenten ein Volksbegehren zum Verändern unseres Grundgesetzes ausgeschlossen. Das Grundgesetz kann somit nur mit einer 2/3 Mehrheit im Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Auf Basis der zurzeit bestehenden Mehrheitsverhältnisse sehe ich zwar hierfür noch keine
Mehrheiten, aber wir werden dafür kämpfen, dass diese Mehrheiten entstehen werden. Wir sind optimistisch, denn immerhin ist vielen politischen Entscheidern in den letzten Monaten deutlich vorgeführt worden, wie klein und eingeschränkt unser positiver Einfluss auf die Natur wirklich ist, während sich die negativen Einflüsse immer stärker abzeichnen: Die aktuelle Corona und die kommende Klima-Krise verdeutlicht uns allen unsere elementare
Abhängigkeit von der Natur und die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels, bei dem viele institutionelle Besitzstände auf den Prüfstand kommen sollten.
Welche Chancen sehen Sie für Natur Eigenrechte in Europa und weltweit?
Viele Menschen, Staaten und Gruppierungen, die gegen die Natur mit ihren natürlichen Abläufen handeln, werden dies – zum Teil mit ihrer Existenz oder der ihrer Nachbarn – bezahlen. Sicherlich wird es in unseren komplex gewordenen Zeiten immer wieder Menschen geben, welche die natürlichen Abläufe unserer Natur nicht erkennen und somit leugnen werden
oder konstruieren sogar daraus absurde Verschwörungstheorien. Mein Eindruck ist es jedoch, dass es in der Bevölkerung eine wirklich breite Mehrheit gibt, die instinktiv weiß, wie wichtig es ist, der Natur Eigenrechte zu übergeben, denn diese Mehrheit bleibt zutiefst davon überzeugt, dass man bei einem Leben gegen die Natur letztendlich nur scheitern
kann. Eine derart konservative Grundeinstellung gegenüber unserer Natur ist schon heute mehrheitsfähig, solange Menschen die Zusammenhänge bewusst gemacht werden und diese Rechte alle Menschen und Institutionen gleichermaßen treffen. Diese Mehrheit wird erkennen, dass sie eine höhere Lebensqualität genießen kann, wenn wir uns progressiv für
diese konservativen Werte einsetzen und unsere umwelt- und gesundheitszerstörenden Produktionen und Verhaltensweisen zügig naturgerecht umbauen.
Hans Leopold Bader
Der auf ökologisches und sozialverträgliches Bauen spezialisierte Projektentwickler (u.a. SonnenCityProjekte wie city2live.in) lebt in München. Er ist Mitglied des Bundesvorstandes der Deutschen Umweltstiftung und Mitglied des Wirtschaftsrates der Deutschen Umweltstiftung. Leopold Bader ist darüber hinaus freier und unabhängiger Kandidat der ÖDP Liste und engagiert sich als Produzent und Journalist und TV-Produzent aktiv (Gingko TV, Leben mit der Energiewende TV).
Kontakt: bader@city2live.in