Te Awa Tupua – Ahne Fluss oder die Revolution der neuen Rechtssubjekte
Der lange Weg der Maori zur Anerkennung ihrer Werte
"Am 15. März 2017 nahmen mehr als 400 Whanganui Maori an der dritten Lesung des »Te Awa Tupua«-Gesetzesentwurfs (wörtlich: »Fluss als Ahne«) im Repräsentantenhaus in Wellington, Aotearoa (Neuseeland), teil. Die Maori wollten den historischen Moment persönlich miterleben, in dem der Whanganui-Fluss nach mehr als 140 Jahren andauernden Rechtsstreitigkeiten mit der britischen Krone offiziell als ihr Ahne anerkannt werden würde. Kurz nach Mittag erhielt der Gesetzesentwurf, nach fünf Jahren intensiver Diskussionen im Parlament, endlich die langersehnte königliche Zustimmung. Mit seiner parlamentarischen Verabschiedung wurde das »Te Awa Tupua«-Gesetz der erste rechtliche Rahmen der Welt, der einen Wasserlauf als „ein unteilbares und lebendiges Ganzes“ mit all „seinen physischen und metaphysischen Elementen“ und „intrinsischem Wert“ anerkannte und ihn als Persönlichkeit mit allen „Rechten, Befugnissen, Pflichten und Verbindlichkeiten einer juristischen Person“ ausstattete (Te Awa Tupua Act 2017)."
Daniela Triml-Chifflard, Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Fach Sozial-und Kulturanthropologie der Philipps-Universität Marburg arbeitet im Bereich der Umweltanthropologie zu sozialen Klimawandelfolgen und zur Politischen Ontologie des Wassers. Ihr Artikel stellt den Te Awa Tupua Act in den historischen und politischen Kontext, der ihn möglich gemacht hat. Den seit 1840 anhaltenden Konflikt der Maori mit der englischen Krone über Eigentumsfragen, der erst ernst genommen wurde, nachdem die neuseeländische Regierung anerkannte, dass der Vertrag, der 1840 zwischen den Maori und der englischen Krone geschlossen wurde, falsch übersetzt worden war und auf einem fatalen Irrtum beruhte. Denn die Moari kennen bis heute nicht den westlichen Eigentumsbegriff. Sie verstehen sich und alle Lebewesen als Kinder eines weiblichen und eines männlichen Gottes und fühlen sich daher mit allem was lebt verwandt.
Triml-Chifflard geht es darum die Bedeutung des postkolonialen und des menschrechtlichen Diskurses für die Anerkennung der Rechte der Natur deutlich zu machen. Ohne den langen Kampf der Maori, wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen.