Rechte der Natur erobern die Theaterbühne: Premiere von Anwälten der Natur am 1. Dezember im Ramba-Zamba Theater Berlin
Theater des Anthropozäns inszeniert Anwälte der Natur
Die Inszenierung "Anwälte der Natur"
Premiere ist am 1. Dezember 19.30 h - eine zweite Aufführung am 4. Dezember 18.00 h
Haben Bäume Rechte? – Als Christopher D. Stone vor gut 50 Jahren diese Frage stellte, klang sie geradezu naiv, zumindest unschuldig. Doch angesichts der aktuellen ökologischen Bedrohungen könnten sich die Rechte der Natur als entscheidender Hebel erweisen, den desaströsen Entwicklungen wie der Klimakrise und dem Artensterben Einhalt zu gebieten. Aus diesem Grund erklären immer mehr Staaten einzelne Akteure der Natur zu Rechtssubjekten. So erlangten 2022 beispielsweise der Rivière Magpie in Kanada und die Salzwasserlagune Mar Menor in Spanien den Status einer juristischen Person. Stehen wir damit am Beginn einer gewaltigen kulturellen Transformationsbewegung?
In Anwälte der Natur begeben sich die Conférencieuse Carrie Getman de Agudo begleitet von der Musikerlegende Kevin Mooney auf eine tour d’horizon, um das sich wandelnde Verhältnis von Natur und Recht in Augenschein zu nehmen. Bald schon entwickelt sich die geplante Besichtigung zu einer wilden Reise, die nicht nur in Vergangenheit und Gegenwart sondern auch in die Zukunft führt. Mit dem traditionellen Konzept einer objekthaften Natur kollabiert auch jenes geschichtliche Kontinuum, das von den Dunkelzonen der mythischen Zeitalter in die lichtumflutete Welt allwissender Rationalität führt. Authentifizierte Akteure öffnen zusammen mit Protagonist*innen aus Tanz und Schauspiel Tore in ein wundersames Morgen, das auf mutige Entdecker wartet, bereit sich der Kernfrage zu stellen: Welche Natur wollen wir?
Die Podiumsdiskussion findet am 4. Dezember 2022 14.00 h statt
Allein in den letzten Monaten wurden ein Fluss in Kanada und eine Salzwasserlagune in Spanien zu Rechtssubjekten erklärt. Ebenfalls besitzt der Rio Magdalena in Mexiko- City gute Chancen, bald seine Interessen juristisch einklagen zu können. Damit folgen diese Länder einer Entwicklung, die bereits vor einigen Jahren in einigen südamerikanischen Staaten und auch in Neuseeland und Indien einsetzte.
Vor diesem Horizont diskutiert das Podium die Frage, inwiefern mit den Rechten der Natur auch eine kulturelle Zeitenwende verbunden ist. Die Anerkennung von Entitäten der Natur als Rechtssubjekte versteht diese nicht länger als tote Dinge, sondern als Akteure. Wird den Ökosystemen Handlungsmacht zugebilligt, betrifft dieser Paradigmenwechsel die gesamte Kultur. Denn das Verhältnis einer Gesellschaft zur Natur ist kulturell bestimmt. Natur ist Konzept, so der führende Theoretiker des Anthropozäns Bruno Latour. Das Panel erörtert, ob mit den Rechten der Natur ein Bruch eingeleitet wird, der grundlegende Koordinaten des Verhältnisse Kultur: Natur verschiebt, sodass damit eine neue kulturgeschichtliche Epoche eingeleitet wird.
Es diskutieren:
Prof. Dr. Frank Adloff lehrt Soziologie an der Universität Hamburg und ist Co-Leiter der Kolleg-Forschungsgruppe „Zukünfte der Nachhaltigkeit“. Mit Tanja Busse hat er den Band „Welche Rechte braucht die Natur? Wege aus dem Artensterben“ (Campus Verlag, 2021) herausgegeben.
Dr. Andreas Gutmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Europäische Rechtspolitik an der Universität Bremen im DFG-geförderten Projekt „Die Natur als Rechtsperson“. Er veröffentlicht u. a. zu den Rechten der Natur in der ecuadorianischen Verfassung (Nomos 2021).
Dr. Matthias Kramm ist politischer Philosoph an der Universität Wageningen (NL) und forscht zur Einbettung von Rechten der Natur in nicht-westlichen Philosophien. Seit September 2022 arbeitet er an einem Forschungsprojekt zu Rechten der Natur und lateinamerikanischen Philosophien in Mexiko.
Jenny García Ruales ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Max-Planck-Fellow-Gruppe „Umweltrechte im kulturellen Kontext“ und Promotionsstipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung. Ihr Promotionsthema ist in den Bereichen Umweltanthropologie, Naturanthropologie und Rechtsanthropologie angesiedelt.
Jula Zenetti absolvierte ihr Jurastudium und 1. Staatsexamen in Konstanz. LL.M.-Studium in Lyon, Frankreich und Maynooth, Irland, Referendariat und 2. Examen in Frankfurt am Main und Tätigkeit als Anwältin im Baurecht, anschließend Referentin im sächsischen Ministerium für Energie, Klima, Umwelt und Landwirtschaft. Zurzeit ist sie Doktorandin am UFZ Leipzig.