Ferkel sind keine Sache. PETA Verfassungsklage ganz im Sinne der Rechte der Natur
Vor rund 30 Jahren wurde mit der „Robbenklage“ erstmals ein deutsches Gericht mit der Forderung konfrontiert, ein Tier als Kläger – und damit als Rechtssubjekt – anzuerkennen. Die Hamburger Richter lehnten dieses Ansinnen ab. Denn Tiere waren damals und sind heute immer noch „Sachen“ ohne eigene Rechte. Das Tierschutzgesetz und die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel hat daran nur wenig geändert. Theoretisch genießen Tiere zwar heute einen weit umfassenderen Schutz und niemand darf ihnen „ohne vernünftigen Grund“ einen Schaden zufügen. In Wirklichkeit findet aber die Verletzung dieser Bestimmung systematisch immer noch statt. Der Zusatz „ohne vernünftigen Grund“ eröffnet bei der Abwägung mit anderen Rechtsgrundsätzen wie Recht auf Eigentum oder Recht auf Berufswahl große Interpretationsspielräume. Und zweitens können Rechte immer nur von Betroffenen eingeklagt werden. Die Tiere, deren Rechte und Interessen systematisch verletzt werden, dürfen aber nicht selbst klagen, weil sie (anders als Aktiengesellschaften) rechtssystematisch kein Rechtssubjekt sind, sondern ein Rechtsobjekt. Zudem hat sich die Verbandsklage im Tierschutz als ein Papiertiger herausgestellt. Dennoch gibt es inzwischen vor allem weltweit bemerkenswerte Durchbrüche. In Argentinien, in den USA und Indien wurden in jüngster Vergangenheit erstmals Tieren Persönlichkeitsrechte zugesprochen. Der indische höchste Gerichtshof ging noch weiter, und bezweifelt, dass Tiere Eigentum von Menschen sein können und fordert weitgehende Rechte für sie.
Schon die Robbenklage war aber – so wichtig die Einforderung und Durchsetzung der Tierrechte sind – nicht nur ein konkreter Versuch die Verklappung von Dünnsäure zu beenden und auf die Notlage der Robben hinzuweisen – sie war auch ein Versuch das Naturverständnis unseres Rechtswesens auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Klage stellt nicht nur auf die Robbe und andere tierische Lebewesen ab, sie wollte die Stellung des Menschen in der Natur, seine Beziehung zur Natur und seine Rechte gegenüber der Natur ganz grundsätzlich „vom Kopf auf die Füße“ stellen.
Dass dies aus vielen Perspektiven nur folgerichtig und für das Überleben des Menschen auf unserem einzigartigen blauen Planeten sogar zwingend notwendig ist, liegt auf der Hand: So wie Kopernikus uns die Augen dafür öffnete, dass nicht die Erde im Zentrum des Universums steht, sondern ein Planet ist, der um die Sonne kreist, braucht die Welt eine kopernikanische Wende im Recht: Nicht der Mensch ist der Herrscher über die Natur. Die Gesetze der Natur müssen die Grundlage unseres Handelns sein. Nur im Frieden mit der Natur ist menschliches Leben dauerhaft möglich. Die Anerkennung dieser Tatsache, muss sich in jedweder Rechtsprechung und in jedwedem Regierungshandeln wiederfinden. Nur wenn der Mensch sich zum Treuhänder der Natur weiterentwickelt, macht die Forderung nach dem Schutz von Menschenrechten überhaupt Sinn.
Denn nicht nur immer mehr Tierschutzorganisation wie PETA oder die Albert Schweizer Stiftung u.a. streiten vor Gericht für die Rechte nichtmenschlicher Lebewesen und Persönlichkeiten. Auch Naturschutzorganisationen, indigene Völker, Umweltjuristen, die Initiative Rechte der Natur/Biokratie und ein großes Netzwerk an renommierten Wissenschaftlern, die sich an der Rechts der Natur/Biokratie-Debatte aus philosophischer, ethischer und ökonomischer Sicht in den letzten 10 Jahren beteiligt haben, setzen sich für dieses Ziel ein. Sie machen darauf aufmerksam, dass der Wandel, um den es geht, auf allen Ebenen notwendig ist -auch auf der ökonomischen: keine Unternehmensbilanz, keine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, keine Kostenrechnung darf in Zukunft noch erstellt werden, ohne den Preis zu berücksichtigen, die die Natur für unser Handeln zahlt. Nur wenn der Mensch dazu übergeht in allen Lebensbereichen als Treuhänder der Natur zu handeln und ihre Interessen angemessen berücksichtigt, wird der Mensch sein eigenes Überleben sicherstellen können.
Die PETA Initiative, die eingebettet ist, in die neusten Erkenntnisse der Biologie und Verhaltensforschung, liefert einen guten Anstoß über unsere persönliche Beziehung und über die Beziehung der Gesellschaft zu Tieren nachzudenken. Was wir im persönlichen Kontakt mit Haustieren, Menschenaffen und selbst Meerestieren ganz unmittelbar und sehr intensiv erfahren können, gilt nicht nur für diese uns besonders nahestehenden Lebewesen, es muss auch für jedwede belebte Natur gelten. Sie kommuniziert mit uns. Wir sind Teil von ihr und sie von uns.
Das Biokratie-Konzept des HAUS DER ZUKUNFT oder das Zoopolis-Konzept von Sue Donaldson und Will Kymlicka bekommen angesichts unserer wachsenden Fähigkeit die Sprache vieler Tiere zu verstehen immer mehr Plausibilität. Wir sind nicht nur in der Lage ihre Bedürfnisse mit großer Gewissheit zu erkennen. Es ist auch höchst unwahrscheinlich, dass Menschen Schweinen, Rindern, Hühnern oder Zootieren das Leid zuzufügen würden, dass ihnen heute noch angetan wird, wenn sie ihre Klagen, ihre Wünsche, ihren Protest und ihre Kommentare verstehen würden.
Die Initiative Rechte der Natur/Biokratie vom HAUS DER ZUKUNFT in Hamburg unterstützt daher die PETA-Initiative als einen wichtigen Schritt, unser Rechtssystem in die richtige Richtung weiterzuentwickeln. Weder Tiere noch die Natur dürfen heute noch als Dinge oder Ware behandelt werden. Das damit verbundene Leid und Unrecht für jedes Leben, muss beendet werden. Um dieses Ziel zu erreichen sind Eigenrechte für Tiere und die Pflanzen einer der wichtigsten Meilensteine.
Dr. Georg Winter zielt mit seiner Initiative auf die Staatsform Biokratie als „eine erweiterte Demokratie, in der nicht allein die Menschen, sondern sämtliche Lebewesen als Staatsvolk anerkannt, mit Grundrechten ausgestattet und parlamentarisch vertreten sind. Die Staatsform Biokratie bedeutet: Die Menschenwürde achten, sämtliches Leben in seiner Vielfalt würdigen, Leben erhalten und fördern, Wertkonflikte in gewissenhafter Abwägung entscheiden und bedrohtes Leben entschlossen verteidigen.“
Auf internationaler Ebene fordert er die Vereinten Nationen auf, „die Erklärung der Menschenrechte durch eine Erklärung der Rechte der Natur zu ergänzen.“