Vom Mar Menor lernen?

Inspirierende Einblicke in die Mar Menor Bewegung (Spanien) und Rechte der Natur

Ein Plakat der Alianza Mar Menor in Spanien
Ein Plakat der Alianza Mar Menor in Spanien

Am Samstag, den 6. Juli, fand in Berlin eine kleine Tagung zu den Rechten der Natur statt. Eingeladen hatte Prof. Dr. Sandra Jasper, Geografie-Professorin und Direktorin eines interdisziplinären Forschungsinstituts an der Humboldt-Universität Berlin (IRI THESys), das sich mit der Transformation von Mensch-Umwelt-Beziehungen beschäftigt. Eingebettet sind diese Aktivitäten in das Forschungsprojekt „Multispecies Health“, ein Gemeinschaftsprojekt der fünf Berliner Universitäten. Goldmann-Preisträgerin Teresa Vicente hatte wenige Tage zuvor am IRI THESys Institut einen Vortrag gehalten. Die Professorin für Rechtsethik setzt sich seit Jahrzehnten als Wissenschaftlerin für einen Gerechtigkeitsbegriff ein, der nicht nur die soziale Dimension, sondern auch die ökologische berücksichtigt. Der Eigenwert erfordert eine Rechtsprechung, die diesem intrinsischen Wert „gerecht“ wird. Bedauerlicherweise gibt es ihre wichtigen Veröffentlichungen bisher in keiner deutschen Übersetzung.

Vicente kam nicht allein. Mit dabei waren Mitstreiterinnen der Mar Menor Bewegung, die gemeinsam etwas vermeintlich „Unmögliches“ möglich gemacht haben. In wenigen Wochen hatten sie 700.000 Unterschriften gesammelt, genug, um ein Gesetz ins spanische Parlament einzubringen, das dem Mar Menor eigene Rechte zuerkennt und regelt, wie diese Rechte gewahrt werden sollen. Vicente hatte den Gesetzesentwurf im spanischen Parlament erfolgreich präsentiert und erläutert. Das Gesetz wurde nahezu einstimmig angenommen. Allein die rechtsnationale VOX stimmte dagegen und versucht seitdem, es zu Fall zu bringen – mit einer Verfassungsklage und in der Region Murcia selbst. Dort stellt sie gemeinsam mit der PP (Partido Popular) die Regionalregierung und versucht das Gesetz, das auf der nationalen Ebene Gültigkeit hat, in der Region wieder „abzuwickeln“. Dabei steht die Rolle der Landwirtschaft im Zentrum der politischen Auseinandersetzungen.

Der „Fall“ Mar Menor ist für Europa von großer Bedeutung. Er ist ein wichtiger Ansporn für alle Bürger*innen und Initiativen, die sich für die Rechte der Natur einsetzen. Dies wurde auch von Camille de Toledo und Emmanuel Schlichter betont, die die Situation in Deutschland in die Diskussion einbrachten. Camille de Toledo, Autor, Aktivist und Wissenschaftler, der für die Rechte der Loire aktiv ist, sprach über seine Vision einer „Internationale der Flüsse“. Angelehnt an die Erfolge der internationalen Arbeiter*innenbewegung kann er sich eine „Neue Internationale“ vorstellen, die die Rechte der Natur an ihren eigenen „Früchten“ einfordert. Ein institutioneller Rahmen, in dem die Natur über ihr Recht auf Leben und die Bedingungen verhandeln könnte, die sie braucht, um auch in Zukunft noch ein Leben auf der Erde möglich zu machen. Emmanuel Schlichter (Gründer des Vereins Rechte der Natur e. V. und Mitglied im Netzwerk Rechte der Natur) legte seinen Schwerpunkt auf eine Beschreibung des transformativen Charakters, den die Rechte der Natur haben. Ihre Anerkennung hält er für den zwingend notwendigen institutionellen Rahmen, um den sich gegenseitig verstärkenden Krisen (Klimawandel/Biodiversitätskrise) zu begegnen.


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